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Ikonen der Umweltbewegung rufen Tirols Regierung zur Ordnung

Einstige Hainburg-Kämpfer befürchten irreversible Zerstörung der Natur

Die maßlosen Wasserkraft-Ausbaupläne in Tirol waren Anlass für drei Hainburg-Kämpfer zu einer Mahnung an die schwarz-grüne Koalition, die ökologischen Werte nicht zu vergessen. In einer gemeinsamen Pressekonferenz im Wiener Presseclub Concordia, wo 1984 die Pressekonferenz der Tiere gegen den Bau des Kraftwerks Hainburg stattfand, nahmen die Gründerin der Grünen Partei, Freda Meissner-Blau, sowie die Universitätsprofessoren und Hainburg-Kämpfer Bernd Lötsch und Peter Weish Stellung zu den Plänen der schwarz-grünen Tiroler Landesregierung.

30 Jahre nach der erfolgreichen Besetzung der Hainburger Au im Dezember 1984 befürchten die drei Größen der österreichischen Umweltbewegung den Ausverkauf der Tiroler Flüsse durch die zahlreichen Kraftwerksvorhaben der TIWAG, und erinnern die schwarz-grüne Koalition in Tirol an die Werte und den Erfolg von Hainburg.

Freda Meissner-Blau, Parteigründerin der Grünen Alternative und erste Klubobfrau der Grünen, weist auf das Ausmaß der drohenden Naturzerstörung durch die TIWAG-Pläne für sechs Großkraftwerke, wie etwa das Kaunertal-Projekt hin. Sie warnt davor, dass sich diese wie auch zahlreiche weitere Eingriffe in das Ökosystem des Tiroler Oberlandes zur breitflächigen Naturzerstörung ausdehnen. "Um das drohende Desaster zu verhindern, muss die Tiroler Landesregierung rasch das Maßnahmenpaket überarbeiten. Auch unser Tiroler Umweltminister Andrä Rupprechter, dessen Natur und Liebe zu Tirol bekannt ist, sollte gemeinsam mit der Tiroler Landesregierung nach Lösungsmöglichkeiten suchen und die Einwände ernst nehmen", so Freda Meissner-Blau. Doch auch in Richtung ihrer parteipolitischen Erben findet die Grande Dame der österreichischen Umweltbewegung klare Worte. "Es ist mir als Grüne der ersten Stunde völlig unbegreiflich, dass sich die Grünen in Tirol auf eine derartige Vereinbarung einlassen", so die Mahnung von Freda Meissner-Blau.

Ähnlich kritisch zu den Tiroler Plänen der TIWAG äußert sich Univ.-Prof. Dr. Bernd Lötsch und warnt vor der Rechtfertigung der Naturzerstörung durch Argumente von Klimawandel bis Atomausstieg: "Das Tiroler Koalitionsabkommen gefährdet das Regierungsprojekt von Schwarz-Grün, dem unsere Hoffnung und Sympathie galt, und riskiert, unwiederbringliche Werte für die Zukunft zu verspielen. Eine millionenschwere Propaganda der E-Wirtschaft missbraucht den Klimawandel und den Atom-Ausstieg für die Wasserkraftwerbung. Die Energiewende beginnt erst mit verbrauchseitigen Strategien aus den enorm angeschwollenen Energieströmen unserer Zivilisation durch technische und Management-Intelligenz ein Mehrfaches an Energiedienstleistungen herauszuholen."

Univ.-Doz. Dr. Peter Weish, Umweltwissenschaftler und Präsident des Forum Umwelt und Wissenschaft schlägt in dieselbe Kerbe: "Die noch vorhandenen naturnahen Fließstrecken sind unersetzlich. Man kann die letzten Alpentäler und Flusskilometer nicht mit der gleichen Fortschrittseuphorie zubetonieren wie das früher geschah. Vor 30 Jahren hat man behauptet, das Kraftwerk Hainburg sei für den Umweltschutz erforderlich, weil es Schwefeldioxidemissionen zu vermeiden hilft und daher ein Beitrag gegen das Waldsterben sei. Heute erklärt man uns, eine Energiewende erfordere den weiteren Ausbau der Wasserkraft. Damals wie heute stellen wir klar: Umweltschutz kann nicht mit Naturzerstörung erkauft werden! Eine Energiewende erfordert primär die Ausschöpfung der Einsparpotentiale."

Der Hintergrund für den gemeinsamen Auftritt der drei Kämpfer für die Umwelt ist das von der Tiroler Landesregierung beschlossene "Maßnahmenpaket Tirol", in dem sich beide Koalitionsparteien ÖVP und Grüne zu den umfassenden Ausbauplänen für die Großkraftwerke im Tiroler Oberland bekennen und den Umweltminister dazu auffordern den entsprechenden wasserwirtschaftlichen Rahmenplan rasch rechtlich zu genehmigen. Außerdem wurden im Maßnahmenpaket Tirol zahlreiche Änderungen des Tiroler Naturschutzgesetzes vereinbart, welche zum Teil dem Europarecht widersprechen. Dadurch soll der Bau von Wasserkraftwerken erleichtert werden.

Freda Meissner-Blau ist die Gründerin der Grünen Partei in Österreich und war auch deren erste Klubobfrau im Parlament.

Univ.-Prof. Dr. Bernd Lötsch ist Lehrbeauftragter für Humanökologie an der Universität Wien und emeritierter Direktor des Naturhistorischen Museums und ist aktiv im Österreichischen Naturschutzbund.

Univ.-Doz Dr. Peter Weish lehrte an mehreren Universitäten in Österreich und ist Vorsitzender des Forums Umwelt und Wissenschaft.

Alle drei sind Ikonen der österreichischen Umweltbewegung der ersten Stunde und waren auch an vorderster Front engagiert gegen das Kraftwerk Hainburg.

Hintergrundpapier


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /