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EU-Kritik am Agrarprogramm: Verbesserungen zur Erhaltung unseres Naturerbes in Österreich sind dringend notwendig

Hat Österreichs Agrarpolitik nichts aus den vergangenen Fehlern gelernt?

Wien - Österreichs Naturschutzorganisationen sehen sich durch die aktuell harsche Kritik der EU-Kommission am Entwurf des geplanten "Programms für ländliche Entwicklung, 2015-2020" bestätigt. Sie warnen seit Langem davor, dass unter dem Titel "Umweltprogramm" jährlich 1,1 Mrd. Euro an die Land- und Forstwirtschaft verteilt werden sollen und gleichzeitig das Artensterben in Österreichs Kulturlandschaften ungebremst voran schreitet. Die NGOs fordern Minister Rupprechter auf, die zentralen Verbesserungsvorschläge der EU-Kommission zu berücksichtigen und aus den bisherigen Fehlern zu lernen. Praxistaugliche Förderungen für das heimische Schutzgebietsnetzwerk und die Vertragsprogramme mit den Land- und Forstwirten haben dabei oberste Priorität. Das bislang praktizierte, ökologisch ineffiziente Gießkannenprinzip der Agrar- und Wald-Umweltförderungen muss durch zielgerichtete Auflagen vor allem für jene Land- und Forstwirte ersetzt werden, die nachweislich unverzichtbare Leistungen für unsere Umwelt erbringen.

176 Anregungen der EU für ein brauchbares Agrarumweltprogramm Österreichs

Mit 5. August 2014 hat die Europäische Kommission 176 kritische Anmerkungen zum Österreichischen Programmentwurf übermittelt. Drei der zahlreichen EU-Kritikpunkte, die Österreich ein denkbar schlechtes Umweltzeugnis ausstellen, lauten:

- "Es lässt sich schwer nachvollziehen, warum eine kontinuierliche, hohe finanzielle Förderung für den Umweltbereich durch die letzten Programme zu keiner konkreten Verbesserung der Umweltqualität führt. Dies könnte auch an einer verfehlten Prioritätensetzung und Mittelzuweisung liegen."

- "Die Aufrechterhaltung des Status quo bezüglich der Maßnahmen für gefährdete Wiesenlebensräume nach FFH-Richtlinie (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie) reicht nicht aus, deren Ziele zu erreichen."

- "Diese Probleme werden in der Analyse des alten Programms zwar erkannt, aber es scheinen keine relevanten Schlussfolgerungen für das neue Programm daraus gezogen worden zu sein."

Um die Programmfertigstellung nicht zu gefährden, und damit die EU-Finanzmittel für 2015, muss das Ministerium nun in höchster Eile bis Ende September ein korrigiertes Programm vorlegen.

Die Hauptforderungen der Naturschutzorganisationen:

Unterstützt durch diese EU-Kritik erwarten die NGOs von Minister Rupprechter, den enormen Handlungsbedarf zugunsten der Natur durch dieses Förderprogramm zu erkennen. Zum einen braucht es dringend eine bessere Mittelausstattung der Naturschutzmaßnahmen um eine deutlich höhere Wirksamkeit künftiger Projekte zu ermöglichen. Diesbezüglich sind auch die Bundesländer säumig. Zum anderen muss den Land- und Forstwirten selbst ein ökonomisch annehmbares Förderinstrument für deren Naturpflege angeboten werden. Es sind daher zumindest folgende acht Programmverbesserungen notwendig:

- 10 % der gesamten Agrarfördergelder von 1,1 Mrd. für naturschutzrelevante Maßnahmen um das laufende Artensterben bremsen zu können. Davon:

- 50 Mio. Euro pro Jahr (statt geplanter 40 Mio.) für die Pflege ökologisch wertvoller Flächen durch die Landwirte

- 40 Mio. Euro pro Jahr (statt geplanter 18 Mio.) für gezielte Arten- und Lebensraumschutzprojekte, Gebietsbetreuung, Naturvermittlung, Beratung etc.

- 27 Mio. Euro pro Jahr für zielgerichtete ökologische Maßnahmen im Wald - effektive Waldumweltmaßnahmen müssen in der Praxis umsetzbar sein

- Verzicht auf ineffiziente ÖPUL-Maßnahmen, wie vorbeugender Grundwasserschutz, seltene Kulturpflanzen, Mulchen, Gülleausbringung mit geringem Schadstoffausstoß; Einsparungspotenzial: 30 Mio. Euro/Jahr

- Verpflichtende Anlage von Flächen für die Artenvielfalt:

Blühstreifen, Blumenwiesen, Hecken für alle am ÖPUL teilnehmenden Landwirte, so wie das BMLFUW dies ursprünglich geplant hatte. Fachterminus: "Umweltgerechte und biodiversitätsfördernde Bewirtschaftung". Ohne eine Kombinationspflicht für alle würde diese teure Maßnahme nahezu wirkungslos verpuffen.

- Möglichst lückenlose, verpflichtende Sicherung aller biodiversitätsreichen Landschaftselemente (Hecken, Raine, Feldgehölze etc.) durch alle Landwirte, die EU-Fördergelder in Anspruch nehmen.

- Einstiegsmöglichkeit für Landwirte in die Maßnahme ÖPUL-WF (ökologisch wertvolle Flächen) auch noch nach 2016, um die Entwicklung und Finanzierung neuer dringend notwendiger Natura 2000 Gebiete nicht in Frage zu stellen.
Minister Rupprechter ist am Zug

Schwerwiegende Versäumnisse in der österreichischen Agrarumwelt-, Forst- und Naturschutzpolitik der letzten Jahre werden durch die jüngste EU-Stellungnahme klar aufgezeigt. Die unterzeichnenden NGOs rufen die verantwortlichen Stellen in Bund und Ländern auf, die rechtsverbindlichen EU-Regelungen zur Erhaltung der biologischen Vielfalt umgehend und ausreichend umzusetzen. Ein neues, schlechtes Agar-Umweltprogramm hätte klar absehbare, gravierend negative Folgen auf die biologische Vielfalt Österreichs. Davor warnen die NGOs eindringlich!

"Da eine kohärente Festlegung von quantifizierbaren Zielen für Österreichs Naturschutzgüter durch die Bundesländer ebenso fehlt, wie eine übereinstimmende Bedarfserhebung der dafür notwendigen Finanzmittel, ist Minister Rupprechter am Zug. Vor allem an ihm liegt es derzeit, in aller Eile bis Ende September die Weichen für eine effizientere Erhaltung unseres Naturerbes nach internationalen Standards zu sorgen", so Gerald Pfiffinger, Geschäftsführer von BirdLife Österreich.

Dazu Regina Hrbek von den Naturfreunden Österreich: "Um für die Menschen erholsame und gleichzeitig artenreiche Landschaften wirksam zu fördern, braucht das neue ÖPUL dringend bessere Bedingungen für jene Landwirte, die Blühstreifen und Hecken anlegen, Blumenwiesen pflegen und vieles mehr. Diese unverzichtbaren Umweltleistungen sollten deutlich besser mit öffentlichen Mitteln dotiert werden, als Betriebe, die wenig Rücksicht auf die Natur nehmen."


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /