© mystockphotos / Fossile Energie
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Good bye für C02

Halbierung der globalen Kohlenstoffemissionen bis 2040 ist erreichbar, doch Regierungen, Investoren und Unternehmen müssen jetzt handeln, um die Energiewende zu beschleunigen.

Führende Unternehmen, Investoren und Klimaschützer haben einen machbaren Weg definiert, wie die globale Erwärmung bei gleichzeitiger Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung und des sozialen Fortschritts auf deutlich unter 2˚C begrenzt werden kann.

Regierungen, Investoren und Unternehmen müssen die Chance nutzen, die Kohlenstoffemissionen bis 2040 zu halbieren, gleichzeitig aber die wirtschaftliche Entwicklung und den Energiezugang für alle Menschen gewährleisten. Doch es besteht dringender Handlungsbedarf, um die saubere Elektrifizierung, die Dekarbonisierung über Strom hinaus und die Energieproduktivitäts­verbesserungen zu beschleunigen, so die Energy Transitions Commission (ETC).

Die ETC veröffentlichte ihren Bericht ‘Better Energy, Greater Prosperity’, dem zufolge es technisch und wirtschaftlich machbar ist, ein Wirtschaftswachstum zu erzielen, erschwingliche, zuverlässige und saubere Energie für alle Menschen bereitzustellen und gleichzeitig das im Übereinkommen von Paris festgelegte Ziel der Begrenzung der Erderwärmung auf deutlich unter 2 °C zu erreichen.

Zu den wichtigsten Erkenntnissen dieses Berichts zählen:

* Durch die sinkenden Kosten erneuerbarer Energien und Akkus ist eine kosteneffektive, saubere Elektrizität unaufhaltsam und unverzichtbar für eine kohlenstoffarme Welt, die reich an Energie ist.
* Es gibt im Hinblick auf eine höhere Energieproduktivität, d.h. die Energieintensität des BIP, noch ungenutztes Potenzial. Ein Wachstum von 3 % pro Jahr könnte erreicht werden, wenn die richtigen Strategien effektiv umgesetzt werden.
* Jetzt ist ein rascher Fortschritt in anderen Technologien wie Bioenergie, Wasserstoff usw. erforderlich, um die vollständige Dekarbonisierung voranzutreiben. Selbst bei einem großflächigen Einsatz von CCS, von dem wir derzeit weit entfernt sind, muss die Nutzung fossiler Brennstoffe bis 2040 um 30 % sinken; dazu gehört auch ein rascher Rückgang des unverminderten Einsatzes von Kohle.

‘Wir haben ambitionierte, aber realistische Ziele. Trotz der gewaltigen Herausforderungen sind wir überzeugt, dass die erforderliche Wende technisch und wirtschaftlich zu schaffen ist, vorausgesetzt, dass umgehend Maßnahmen ergriffen werden’, erklärt Adair Turner, Vorsitzender der ETC.

Um dem Zwei-Grad-Ziel näher zu kommen, müssen wir die Stromerzeugung dekarbonisieren und die Elektrifizierung auf ein größeres Spektrum von Aktivitäten im Transport- und Baubereich ausweiten. Schon allein die saubere Elektrifizierung könnte die Halbierung der Kohlenstoffemissionen ermöglichen, die nötig ist, um die Emissionen bis 2040 auf 20 Gigatonnen zu senken.

Doch wir müssen auch alle Aktivitäten dekarbonisieren, die nicht kosteneffektiv elektrifiziert werden können. Dazu zählen Flugverkehr, Verschiffung und Schwerindustrien wie die Stahl-, Zement- oder Chemiebranche. Hier gilt es, eine Revolution in Bezug auf die Energieproduktivität herbeizuführen. In beiden Bereichen gehen die Fortschritte viel zu langsam voran. Um schnellere Verbesserungen zu erzielen, bedarf es einer konsequenteren öffentlichen Politik und erheblicher öffentlicher und privater Investitionen, drängt die ETC.

Die Wende hin zu kohlenstoffarmen Energiesystemen würde mit bedeutenden sozialen Vorteilen wie etwa einer deutlich spürbaren verbesserten Luftqualität einhergehen, die ein längeres und gesünderes Leben ermöglicht. Aber in Verbindung mit der Weiterentwicklung von Technologien und innovativen Geschäftsmodellen würden sich auch wirtschaftliche Chancen ergeben, so der Bericht.

‘Das ist nicht nur ein weiterer, sondern ein besserer Plan. Wir zeigen auf, wie die Barrieren beseitigt werden können, um aus Herausforderungen Chancen zu machen, und dies nicht nur in ausgereiften Wirtschaftssystemen, sondern auch in Schwellenländern’, erklärt Ajay Mathur, Ko-Vorsitzender der ETC.

Der Bericht spiegelt eine einzigartige Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen Mitgliedern der ETC wieder und vereint Unternehmen in den Bereichen fossile Brennstoffe, Strom und Industrie mit Investoren, NGOs im Bereich Umweltschutz und Forschern aus Entwicklungsländern ebenso wie aus entwickelten Ländern. Diese unterschiedlichen Verbündeten sind sich nicht nur darüber einig, dass die Kohlenstoffemissionen zur Erreichung der in Paris vereinbarten Ziele unbedingt gesenkt werden müssen, sondern auch darüber, dass eine Klimawende auch bei gleichzeitiger Förderung eines sozialen und wirtschaftlichen Fortschritts möglich ist.

Der Weg zu kohlenstoffemissionsarmen Energietechnologien

Der Bericht beschreibt, wie die jährlichen Kohlenstoffemissionen von heute 36 Gigatonnen auf 20 Gigatonnen im Jahr 2040 verringert werden können (verglichen mit 47 Gigatonnen, die bei unveränderter Energienutzung bis 2040 zu erwarten wären), und schafft die Voraussetzungen für weitere, in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts notwendige Emissionssenkungen, während gleichzeitig ein universeller Zugang zu 80-100 GJ erschwinglicher, zuverlässiger und nachhaltiger Energie pro Kopf pro Jahr sichergestellt wird. Das kann mithilfe von vier voneinander abhängigen Methoden erreicht werden, so die ETC.

* Saubere Elektrifizierung: Bis 2040 könnte die Hälfte der Emissionssenkungen im Vergleich zu einer unveränderten Energienutzung aus der Kombination der Dekarbonisierung der Stromerzeugung und der Elektrifizierung eines größeren Spektrums von Aktivitäten im Transport- und Bausektor hervorgehen. Sofern geeignete Strategien umgesetzt werden, wird es innerhalb von 15 Jahren möglich sein, Energieanlagen zu bauen, die auf Basis von variablen erneuerbaren Energiequellen 80/90 % der Stromversorgung abdecken und Elektrizität zu einem Gesamtpreis (inklusive Back-up und Flexibilitätsanforderungen) von weniger als $70 pro MWh bereitstellen können, was voraussichtlich mit einer auf fossilen Brennstoffen basierenden Stromerzeugung mithalten kann. Das spiegelt die inzwischen erzielte und vermutlich dauerhafte drastische Verringerung bei den Kosten erneuerbarer Energien und Akkus wider. Saubere Elektrizität sollte dann in immer mehr Wirtschaftszweigen eingesetzt werden, mit der wachsenden Möglichkeit, fossile Brennstoffe in Leichtfahrzeugen und Heizungen durch saubere Energie zu ersetzen.
* Dekarbonisierung von ‘schwer zu elektrifizierenden’ Sektoren: Außerdem müssen wir die Kohlenstoffemissionen bei Aktivitäten drastisch verringern, die in den Bereichen Transport, Industrie und Bauwesen nicht kosteneffektiv elektrifiziert werden können. Dies wird umso wichtiger werden, je mehr das Potenzial für eine zusätzliche saubere Elektrifizierung ausgeschöpft ist. Doch mit den dafür benötigten Technologien, darunter Bioenergie, Abwärme, Wasserstoff und die vielfältigen Formen von Kohlendioxidabscheidung und -sequestrierung, konnten bislang nicht jene Kostensenkungen und großflächigen Einsatzbereiche erzielt werden, die wir von erneuerbaren Energien und Akkus kennen. Regierungen und Unternehmen müssen erhebliche Investitionen in F&E und eine Ersteinführung tätigen, um sicherzustellen, dass diese Technologien kosteneffektiv werden.
* Eine Revolution des Tempos der Energieproduktivitätsverbesserung: Energieproduktivitätsverbesserungen könnten ein Drittel der benötigten Emissionssenkungen bis 2040 ermöglichen, doch dies würde wesentlich raschere Fortschritte bei der Energieeffizienz in den Bereichen Bauwesen, Transport und Industrie erfordern – ebenso wie strukturelle Änderungen in der Wirtschaft, um ein größeres Wirtschaftswachstum mit weniger energieintensiven Waren und Dienstleistungen zu erzielen.
* Optimierte Nutzung der verbleibenden fossilen Brennstoffe: Diese Wende würde zu einem 30-prozentigen Rückgang der fossilen Brennstoffe bis 2040 führen, doch die fossilen Brennstoffe würden weiterhin bis zu 50 % der Energieendnachfrage ausmachen. Wenn die Klimaziele erreicht werden sollen, müssen somit auch alle Formen von Kohlendioxidabscheidung und ‑sequestrierung (Umwandlung in Produkte, Untertagespeicher, natürliche Kohlenstoffsenken) forciert werden. In diesem Zusammenhang sollten fossile Brennstoffe in den hochwertigsten Anwendungen konzentriert werden, was eine rasche Senkung des unverminderten Kohleverbrauchs ebenso wie einen Höchstwert von Öl in den 2020er-Jahren und die anhaltende Rolle von Gas bedeutet, sofern Methanlecks signifikant verringert werden.

Der Weg zu einem rascheren Erfolg

Voraussetzung für den Umstieg auf kohlenstoffarme Energiesysteme in der ganzen Welt ist ein rascherer Fortschritt als in den letzten 20 Jahren und als die INDC-Ziele. Jahr für Jahr muss die Energieproduktivität um 3 % wachsen, und der Energieanteil aus kohlenstofffreien Quellen muss um mindestens ein Prozent steigen.

Dies bedarf einer durchgreifenden öffentlichen Politik. Die ETC ist der Ansicht, dass dazu sinnvolle Kohlenstoffpreise, ein Auslaufen der Subventionen für fossile Brennstoffe, Unterstützung von F&E und Förderung des Einsatzes kohlenstoffarmer Technologien ebenso zählen müssen wie strenge Normen und Vorschriften, ein geeignetes Marktdesign und öffentliche Investitionen in das Transportwesen und die urbane Infrastruktur.

Zudem erfordert ein solcher Fortschritt eine grundlegende Veränderung des Investitionsmix in puncto Energie: Die Investitionen in fossile Brennstoffe könnten in den kommenden 15 Jahren um rund $3,7 Billionen geringer ausfallen als bei unveränderter Energienutzung, während die Investitionen in kohlenstoffarme Technologien und energieeffizientere Geräte und Gebäude um jeweils $6 Billionen bzw. $9 Billionen steigen könnten.

Das würde pro Jahr zusätzliche Investitionen in Höhe von $300-600 Milliarden bedeuten. Das stellt in einer Welt, in der sich die globalen Einsparungen und Investitionen jährlich auf $20 Billionen belaufen, keine gewaltige makroökonomische Herausforderung dar. Dennoch es ist eine öffentliche Politik zur Risikominderung erforderlich, um die Kapitalkosten für eine langfristige nachhaltige Infrastrukturinvestition zu senken. Darüber hinaus werden die Entwicklungsländer, in denen die größten Investitionen erforderlich sind, der Zugang zu Kapital aber stärker beschränkt ist, zusätzliche Unterstützung benötigen.

Die Energy Transitions Commission

Die Energy Transitions Commission (ETC) vereint eine breitgefächerte Gruppe von Vertretern der Energie- und Klimagemeinde: Investoren, etablierte Energieunternehmen, Disruptoren der Industrie, Ausrüster, energieintensive Industrien, Non-Profit-Organisationen, Berater und Wissenschaftler aus Industriestaaten und Entwicklungsländern. Unser Ziel ist eine beschleunigte Wende hin zu kohlenstoffarmen Energiesystemen, die eine solide wirtschaftliche Entwicklung ermöglichen und den Anstieg der globalen Temperatur auf deutlich unter 2 ˚C begrenzt. Nachstehend finden Sie die Liste der ETC-Kommissare.

Der Bericht ‘Better Energy, Greater Prosperity’ wurde von den Kommissaren mit Unterstützung des ETC-Sekretariats erarbeitet und von SYSTEMIQ und McKinsey & Company bereitgestellt. Er basiert auf einer Reihe von Analysen, die von der Climate Policy Initiative, Copenhagen Economics und Vivid Economics für die ETC durchgeführt wurden und auf der Website der ETC verfügbar sind.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /